Die Erfassung der Bindungsrepräsentation bei Kindern im Vorschulalter : Entwicklung und Validierung eines Klassifikationsschemas für Geschichtenergänzungsverfahren
Die Qualität familienrechtspsychologischer Gutachten ist seit ihrer Etablierung in der Rechtspraxis Gegenstand kontroverser Diskussionen und es konnten diverse, methodische Mängel aufgezeigt werden. Ziel der vorliegenden Studie war es daher, das einschlägige Methodenrepertoire im Bereich der Bindungsdiagnostik zu erweitern. Hierzu wurde das Attachment-focused Coding System (AFCS; Reiner & Splaun, 2008), das der Kodierung von Geschichtenergänzungsverfahren zur Bindung dient, konzeptionell weiterentwickelt, sodass eine systematische Ableitung der Bindungsrepräsentation möglich war. Im Rahmen einer Querschnitterhebung an einer Stichprobe von 156 fünf- bis sechsjährigen Kindergartenkindern (49 % weiblich, 51 % männlich) fand eine Validierung dieser Bindungsrepräsentationen statt. Zur Erfassung der konvergenten Validität wurde das bereits in Deutschland etablierte Geschichtenergänzungsverfahren zur Bindung (GEV-B; Gloger-Tippelt & König, 2016) herangezogen. Des Weiteren wurde der Zusammenhang der Bindungsrepräsentation zu Verhaltensauffälligkeiten (Caregiver-Teacher Report Form, Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior Checklist, 2000) sowie Entwicklungsbereichen (Dortmunder Entwicklungsscreenings für Kindergartenkinder, Tröster et al., 2016) erfasst, die unter Beteiligung der Erzieherinnen und Erzieher der Kindergärten erhoben wurden. Die psychometrischen Aspekte des AFCS bestätigten die Zulässigkeit der systematischen Ableitung der Bindungsrepräsentation. Die Ergebnisse lieferten Belege für eine vorhandene konvergente Validität. Ebenso zeigte sich, dass sich die vier Bindungsrepräsentationen (sicher, unsicher-ambivalent, unsicher-vermeidend und desorganisiert) hinsichtlich der Ausprägung der verschiedenen Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsbereiche überwiegend hypothesenkonform voneinander unterschieden. Einige spezifisch angenommene Gruppenunterschiede konnten sich jedoch nicht bestätigen lassen. Der Vorhersagewert der Bindung mittels AFCS ist dem des GEV-B nahezu gleichzusetzen. Die in der vorliegenden Arbeit weiterentwickelte und konzeptionell überarbeitete Version des AFCS kann einen wertvollen Beitrag für die familienrechtpsychologische Begutachtungspraxis liefern. Weitere Studien stehen jedoch noch aus.
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