Der lange Abgang des Hanswurst : Zur Literarisierung eines volkstümlichen Lustigmachers
Hanswurst, beliebter Narrentyp der Wander- und Schaubühnen, hatte es lange vor seinen Triumphen an Wiener Theatern stets mit einflussreichen Widersachern zu tun. Eine nie abreißende Kritik an seinem unflätigen Gebaren und unverschämten Wortwitz mündete in eine hitzige Kulturdebatte, in der es um nichts weniger ging, als die Etablierung eines ordentlichen Nationaltheaters auf der Grundlage gesitteter Dramentexte voranzutreiben. Neben der Theaterprinzipalin Caroline Neuber im Verbund mit Gottsched mühte sich auch Kaiserin Maria Theresia damit ab, der regellosen Hanswurst-Komik Einhalt zu gebieten. Doch erst eine breitere Unterstützung von Vertretern eines aufstrebenden Bürgertums führte zur gründlichen Entfernung des Lustigmachers von der Theaterbühne. Selbst sein vielleicht wichtigster Befürworter, der Wiener Komödienschreiber und Wegbereiter des literarischen Hanswurst, Philipp Hafner, konnte ihm mit seinen Werken keine dauerhafte Zuflucht bieten. Die vorliegende Studie zeichnet Hanswursts Aufstieg und Fall, seine Genese und späten Verwandlungen nach. Wie und warum etwa Goethe Hanswurst nachtrauerte oder Ludwig Tieck in immerhin drei Arbeiten seiner huldigend gedachte, bilden Fragen der Erörterung. Deutlich wird, dass Hanswurst mehr war als ein umstrittener Bühnennarr: Die Geschichte seiner Austreibung markiert einen Wendepunkt in der Entwicklung eines deutschnationalen Bewusstseins, sein Verschwinden hinterließ eine unheimliche Leerstelle.
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